Tag 25 & 26 - Pilgerzug der Funktionskleidung
Nach den letzten Tagen früh aufstehen, gefiel es mir irgendwie - im Glauben, es könnte noch ruhig auf dem Camino sein und ich ganz alleine -> Pustekuchen!
Mit einem kurzen Hinweis eines freundlichen Reinigungsauto-Fahrers kam ich an diesem Morgen noch auf den richtigen Weg. Es war mal wieder noch recht dunkel und die Zeichen für den Camino etwas schwieriger zu erkennen.
Pontevedra am Morgen
Für 7 Uhr morgens war einiges in Pontevedra los - Jugendliche auf dem Weg zu Schule und Andere auf dem Weg zur Arbeit.
An diesem Morgen überholten mich so einige Pilger*innen - kam mir langsam vor und das ist vollkommen okay. Immer in meinem Tempo :-)
Eine große Gruppe Pilgernder nahm sich die Zeit und wünschte einen ‘Buen Camino’ - richtiges Empfangs-Komitee und das noch vor Santiago!
Gegen 9 Uhr hatte ich online ein Gespräch mit der Sozialberatung - schon cool, mit dem mobilen Internet bestenfalls von überall sich online treffen zu können.
Nach 45 Minuten war es mir einerseits ganz schön kalt geworden und andererseits das Gespräch mit einem guten Input beendet.
Nach einer weiteren Stunde durch den Wald, kam auch das ersehnte Café. Komplett überfüllt mit Pilgernden, andere Menschen werden hier wahrscheinlich kaum zum Frühstücken kommen.
An diesem Morgen beschloss ich mal vom ‘Tarte de Santiago’ zu probieren - ein Mandelkuchen, der nur in Santiago de Compostela produziert wird. LECKER :-)
Irgendwo mitten im Wald
Da wo Licht ist, ist auch Schatten und jeder kleine Riss, jede kleine Lücke ist genau dafür da - Licht hinein zu lassen
Weiter ging’s an Straßen entlang, kleineren Ortschaften, Weinbau-Gebieten, vielen ‘Horreo Gallego’s und letztlich war ich gegen 14 Uhr an meinem Ziel angekommen.
Zwischenzeitlich zogen sich ganze Perlenketten an bunt gekleideten Pilger*innen entlang des Weges - alle waren wir in funktionaler Kleidung unterwegs.
Was wohl Pilger und Pilgerinnen noch vor 20 Jahren angezogen haben?!
Horreo Gallego - Getreide-Speicher zur Trocknung sowie Lagerung -> immer etwas erhöht, damit keine Nagetiere ran konnten - sind sehr viele davon in Galizien zu finden, nur kaum noch in Nutzung
Kurz vor Caldas de Reis hatte mir Klaus-Peter eine Albergue empfohlen und da ich an diesem Tage keine Idee hatte, wo ich hätte anders hin gewollt, freute ich mich auf einen gemeinsamen Nachmittag / Abend mit den beiden.
Wir hatten zu Dritt ein 4-Bettzimmer und damit unsere Ruhe. Die Albergue hatte einen großen Garten mit Klangspielen, Liegen sowie einem Pool zum Erfrischen.
Der Nachmittag verlief sehr entspannt - Wäsche durchspülen und aufhängen, in der Liege die Sonne sowie Wärme genießen, lesen, schreiben und später am Abend gemeinsam ein Pilger-Menü genießen.
Wir spielten an dem Abend noch gemeinsam Monopoly - als Reisevariante mit Karten. Klaus-Peter sein Lieblings-Spiel - merkte ich schnell, denn er gewann ziemlich oft.
Eine ‘Nix Da’ Karte möchte ich im wahren Leben auch gerne mal legen - ‘Nix Da’-Steuern für unsinnige Bauprojekte, ‘Nix Da’ 2000 € Miete für 80 qm in Berlin …
Ich ging, müde wie ich war und vorallem clever, noch vor Suzanna und Klaus-Peter schlafen. Schließlich schnarcht er gerne mal.
Und was soll ich sagen, am nächsten Morgen ging es mal nicht so früh aus Bett und wir waren auch erst zu 8:30 bzw. 9:00 auf dem Camino unterwegs. Die vorletzte Etappe - es ging an diesem Morgen nach Padrón.
Da Klaus-Peter an diesem Morgen Hummeln im Hintern hatte, lief er immer mal vorweg und ich teils immer mal wieder mit Suzanna zusammen. Ich konnte nicht wirklich schnell laufen, denn seit 2 Tagen merkte ich eine Entzündung in der rechten Achillessehne. Dadurch hatte ich auch meine Barfußschuhe angezogen und die Wanderschuhe am Rucksack gelassen. Ging einigermaßen gut.
Walking on sunshine … These boots are made for walking … I’m walking, yesterday I’m ……
Suzanna und ich sprachen über die Plattform ‘Workaway’ und was ihre Beweggründe für ihr zukünftiges Studium sind. Ich überlegte, was ich, wenn ich nochmal 19 Jahre wäre, studieren würde wollen.
Mit der heutigen Erfahrung wäre es auf jeden Fall etwas anderes.
An diesem Morgen erhielten wir mitten auf dem Camino von der Guarda National unseren Pilger-Stempel. Auf jeden Fall ein besonderer Stempel und Klaus-Peter nutzte die Pause, um sich die Zähne zu putzen. Irgendein Geschmack war ihm zuwider. Suzanna zog derweil ihre kurze Hose um. Und ich? Machte ne Foto davon. Anderes Bedürfnis hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
Wir liefen, quatschten, schauten mitleidsvoll auf einem Hof vegetierende Hunde an und schafften es, ins falsche Hostel einzuchecken. Klaus-Peter war aufgrund seines schnellen Schrittes vor uns in Padron und schickte uns den Standort vom Hostel. Wir waren etwas irrtiert als wir im Hostel nach ihm schauten und nicht fanden. Da prüfte ich schnell den Standort und sah, dass um die Ecke ein weiteres Hostel war.
Kurz die peinliche Situation überwunden, dass wir nach 5 Minuten einchecken wieder auschecken wollen und das ging auch recht unkompliziert. Geld zurück und raus - Suzanna nicht die Navigation übergeben und falls ja, Abenteuer-Garantie ist hoch ;-)
Wir machten uns frisch und liefen in die Innenstadt. Es wurde, je nördlicher wir kamen, immer kühler von den Temperaturen.
Da Suzanna ihre Flip Flops jetzt gänzlich kaputt waren, ging es pünktlich nach der Fiesta, ins Schuh-Geschäft. Was für ein Erlebnis - kannst dir von Außen die Schuhe anschauen, auswählen und die Verkäuferin holt dann die Schuhe zum Anprobieren. Schon sehr viel anders als in Deutschland, wo man im Geschäft erstmal durchschlendern kann, die Schuhgröße bestenfalls da hat und probieren kann. Hier war das ein Kunden-Service - eine 1:1 Beratung.
Es fanden sich ganz schnell genau ein Paar Flip Flops zum Probieren und das Shopping damit beendet :-D
Wir liefen ein wenig durch die Gassen von Padron und trafen auf Anna und Achim aus der vorher gehenden Albergue. Schnell waren wir in verschiedene Gespräche verwickelt. Achim hatte ebenso wie ich seinen Job gekündigt und entschied sich für den Jakobsweg, um für sich neue Entscheidungen zu treffen. Anna war mitten im Prozess ihren noch vorhandenen Job zu kündigen, um sich Zeit für eine Neuorientierung zu geben.
Es sollte ein lustiger Abend werden. Wir gingen in ein Tapas Restaurant und bestellten 2 riesige Käseplatten, wo noch am nächsten Tag von gegessen werden konnte. Leider gab es die für Padron bekannten Mini Paprikas nicht, da momentan keine Saison ist und die Restaurantbesitzerin diese nicht aus Marokko einkaufen möchte. Konsequent und schade für uns, da wir diese gerne probiert hätten. Gemüse war abermals nur spärlich auf der Karte zu finden.
Nach unserem Essen gingen wir noch im Dunkeln spazieren und neben Schattenspielen - das Camino-Monster war unterwegs, konnte ich zu meiner Überraschung eine kleine Mini-Einheit Yoga auf dem Platz vor dem Convento do Carmo abhalten. Angenehm war das Lüftchen als wir abschließend im Meditationssitz da saßen und ich happy war, noch kurz vor Abschluss des Jakobsweges solch eine Erfahrung machen zu dürfen.Voll cool! Mir selbst gab es eine innere Ruhe für die Nacht mit.
Wir verabredeten uns mit Anna und Achim zu 5:30 am nächsten Morgen - was für eine Schnaps-Idee, denn es war bereits fast 0 Uhr als wir im Bett lagen.
Rischtisch gut! :-D