Tag 19 - keine lust mehr
Was für eine Nacht…
Carmen hat zwischenzeitlich ordentlich Bäume gesägt und ich hatte die Hoffnung, es ginge mal ohne Schnarchen.
Ich spürte, wie in mir der Wunsch aufkam, mal eine Nacht nur für mich zu sein - ein Zimmer ganz für mich allein.
Doch bevor ich irgendwas buchte, ging es erstmal am nächsten Morgen im Regen weiter. Es war eine Mischung aus Nieselregen und Regen - mal mehr mal weniger.
Janis war an diesem Morgen wieder mit von der Partie - der dritte Tag mit ihm als Weggefährten.
Wir trafen auf einem kleinen Abschnitt des Weges auf Cornelia aus Stockholm - geschätzt um die Ende 60, war sie wirklich fit. Ich hatte Schwierigkeiten bei dem Wind, Regen und allem Schritt zu halten.
Es war auch daher nur ein kurzes Gespräch und kurze Zeit später fiel uns eine etwas schäbige Bar auf, wo ein Mini Frühstück möglich wurde. Ein Café com leite sowie ein Pao (Brot) mit Chorizo - ich hab nur das Brot gegessen. Hauptsache etwas, denn es sollte noch eine ordentliche Strecke Weg vor uns liegen.
Ich ging in diesem Lokal auf die wohl dreckigste Toilette, die ich auf der ganzen Reise haben sollte - hab es mit Humor gesehen - bei den Damen gab es keine Seife, dafür bei den Herren und bei denen aber wiederum keine Papierhandtücher, die waren bei der Damentoilette :-D sieh da mal einer durch!
Der Weg, der vor uns lag, hatte seinen ganz eigenen Charme. Es ging durch alte kleine Dörfer, größtenteils aus Steinhäusern, einem Bächlein und kaum Menschen unterwegs.
Es war ein Auf und Ab des Wetters - mal ziemlich windig, regnerisch und dann wieder kurze Zeit trocken sowie windstill.
Während wir uns unterhielten und Janis mit seiner Fantasie so einige Dinge bzw. Tiere in einigen anderen Dingen sah - bspw. einen Drahtmast, wo die gewickelten Drähte links und rechts einem Fahrrad ähnlich sahen oder ein Ast, der so über einer Mauer hing, das dieser einem Elefantenrüssel ähnlich sah. Wir hatten unseren Spaß und irgendwann kam auch die Sonne raus! Und wir unseren Weg verloren…
Wir fragten in einer umliegenden Tankstelle nach dem Weg - mehr als das dieser in Richtung Meer weiter verlief -als Camino Litoral - konnte uns die Dame auch nicht berichten.
Also führte der recht im Landesinnere verlaufende Weg wieder zurück zum Atlantik. Schön, mit so manch einer Herausforderung. Denn auch dieser Weg endete irgendwann und verlief ‘im Sande’ sowie ziemlich ‘Sumpfig’ und endete letztlich durch einen Bach, wo es nach keiner Brücke aussah. Wir schauten uns nach einer günstigen Stelle zum Überqueren um und los ging es auf die nassen, glitschigen Steine, um auf die andere Seite zu kommen.
Genau das Abenteuer, was ich gesucht habe - ohne nasse Füße zu bekommen, schafften wir es den kleinen Bach zu überqueren. Darauf erstmal ein High Five :-)
Weiter ging es an menschenleeren Stränden vorbei, auf kleinen Pfaden bis wir irgendwann uns ein Café bzw. Restaurant herbei wünschten. Es war schon etwa 14 Uhr und wir hatten wirklich Hunger.
Und kurze Zeit später tauchte ein etwas höher preisiges Restaurant auf - Pilger-Menü war hier nicht auf der Karte zu finden, trotz dessen es eine deutsche Übersetzung gab. Was für ein Schmaus!
Der auch gut war, denn dieser Weg an diesem Tag zog sich noch mehr als am Tag davor. Der Morgen noch verregnet und windig, so wurde es in Richtung Caminha wärmer sowie sonniger.
Wir kamen vorbei an kleinen Weiden mit Ponys, Ziegen, Schafen und Holzwegen mit vielen Eidechsen.
Janis beim Filmen der Eidechse - wer sieht se?
Lena, 32, lebt seit einem Jahr in Deutschland mit ihren 3 Kindern sowie Mann. Sie erzählt mir, dass sie ein Teil des Camino Santiago gelaufen ist, um zum einen Mal Zeit wieder für sich zu haben und zum anderen mit der Frage ‘Wer bin ich?’ - neben der alltäglichen Rolle als Mutter und seit einem Jahr als studierte Mathematikerin auf Jobsuche, nahm sie sich diese wertvolle Zeit. Sie wünschte sich bald einen Kitaplatz für ihr jüngstes Kind, damit es auch für sie leichter wird, einem Job nachgehen zu können. Die anderen beiden Kinder waren schon im Grundschulalter.
Ich merkte, wie ich aufgrund der schon über 26 Kilometer Wegstrecke an diesem Tag sehr müde war und irgendwann Janis in die Unterhaltung einstieg. Zwischendurch dachte Lena, dass Janis und ich ein Paar wären. Das war nicht das erste Mal, dass uns dies in den letzten 3 Tage gemeinsam Pilgern passierte. Auch mir kam der Gedanke bei Klaus-Peter und Suzanna kurzzeitig auf. Dabei sind beide Halbgeschwister. Unser Gehirn kann manchmal schnell dabei sein, Zusammenhänge herzustellen, wenn wir auf Menschen treffen. Janis und ich erzählten ihr, dass wir nur gemeinsam pilgern und Lena berichtete darauf hin von einer Geschichte, dass eine Freundin von ihr auf dem Jakobsweg auf ihren zukünftigen Mann getroffen sei und die beiden mittlerweile verheiratet sind. Der Jakobsweg bringt Menschen zusammen, gibt dir das, was du brauchst und kann wohl Millionen Geschichten erzählen!
An diesem Tag waren es über 30 Kilometer, die meine Füße zurücklegten und das merkte ich geistig sowie körperlich. In der Albergue in Caminha angekommen, duschte ich, aß meine Reste an Essen, die ich dabie hatte, buchte mir für den kommenden Tag in Caminha ein Hotelzimmer und schlief irgendwann ein. In dem Raum mit 12 Betten war noch Gewusel, neben mir Geschnatter über die Wunder-Pflaster - Mook war auch in der Herberge, also die ganze Camino Familie beisammen und es wurde selbstverständlich geschnarscht! Die Nacht war wieder sehr durchwachsen und ich wirklich reif für ein Nacht nur mit mir im Zimmer!
Einfach nur müüüüüdeeeee
Der Jakobsweg hat mir in dieser Hinsicht sehr deutlich mein Bedürfnis nach erholsamen Schlaf aufgezeigt!