Tag 18 - blaues veilchen

Der Morgen des 4. Tages meiner Pilger-Reise begann und auch diesmal war ich mit unter den letzten, die die Albergue verließen.
Mein Schlafkontingent war anscheinend noch nicht wirklich gut gefüllt, denn auch diese Nacht wurde wieder geschnarcht - nur einigermaßen auszuhalten.

Ich entschied, meine Yogamatte auf der Wiese vor der Herberge auszurollen - ein paar Asanas sowie Meditation an diesem kühlen, bewölkten Morgen erschienen mir genau richtig.
Es war wieder ein schönes Gefühl, die frische Luft einzuatmen, die Vögel zwitschern zu hören und noch keinem Ziel an diesem Morgen zu folgen, außer auf der Matte bei mir zu bleiben.
In Ruhe cremte ich danach noch meine Füße mit Hirschtalgsalbe ein, schlüpfte in meine Socken sowie Schuhe und los ging’s. Frühstück würde es auf dem Weg geben :-)

An meiner Seite lief ebenfalls wieder Janis mit - er erzählte mir die Story des Abends zuvor, wie er jetzt zu einem blauen Auge gekommen ist.
In der Herberge war ebenfalls etwas später am Abend ein junger Spanier dazu gekommen. Janis unterhielt sich am späteren Abend mit ihm und gemeinsam tranken sie Wein.
Da Janis aus Versehen etwas vom Wein verschüttete, verpasste ihm der Andere ein Veilchen am Augenlid. Zum Glück kam es zu keiner weiteren Auseinandersetzung zwischen den beiden. Etwas entschuldigend für das Verhalten des jungen Mannes meinte Janis, dass dieser ihm erzählte, er sei Alkoholiker. Was natürlich keine Begründung zu Gewalt rechtfertigt.

Dieser Zwischenfall sollte auch der Einzige bleiben, schließlich sind aus meiner Sicht der Camino und auch die Alberguen Orte des Friedens.

Am Tag zuvor verlief der Camino sehr viel auf dem Holzweg sowie später 10 Kilometer durch Obst- und Gemüse-Plantagen- ohne ein Café oder anderes. An diesem Morgen kamen die Cafés wie eine Perlenkette aneinander gereiht und somit fand sich auch schnell ein Café zum Frühstücken.
Es wurde auf diesem Abschnitt des Camino Portugues da Costa etwas bergiger und mehr Wald tauchte auf. Was mich innerlich sehr freute. Entlang eines Flusslaufes sowie kleinen Baches, trafen wir auf weitere Pilger*innnen und diesmal auch welche, die es in Richtung Fátima zog. Die wenigen Menschen, die den blauen Pfeilen folgen.

Irgendwo im Nirgendwo -zwischen Esposende und Viana do Castelo

Diesmal gab es wieder eine Möglichkeit entlang des Camino innerhalb einer Kirche einen Stempel zu sammeln - die Kirchen und Kapellen waren bisher sehr wenige und daher für mich immer etwas Besonderes.

Da es ziemlich warm an diesem Tag war, gab es für Janis und mich immer mal wieder kleine Pausen, unter anderem auch eine an einem kühlen Wasserlauf. Diesen hatte uns ein Paar aus Südafrika kommend, empfohlen. Mir gefiel die Idee und somit raus aus den Schuhen sowie Socken und rein ins wirklich kalte Nass. Was für eine Wohltat! Meine Füße taten mir an diesem Tag besonders weh.

Der Weg nach Viana do Castelo zog sich an diesem Tag ganz schön hin und als wir die Brücke ‘Ponte Eiffel’ über dem Lima sahen, ging bei mir kaum noch was - ich wollte einfach nur noch raus aus meinen Wanderschuhen. Der Ausblick auf das klare Wasser, in hellblau-grün leuchtend war wunderbar - die Brücke wurde seitens Gustave Eiffel designed und neben Auto, fuhr auch darunter die Bahn entlang.

In der ‘Albergue de Peregrinos Sao Joao dos Caminhos’ hatte ich das Gefühl in einem kleinen Kloster angekommen zu sein. Es gab in der Herberge sehr viele verwinkelte Räume sowie Wege, sodass auch ich mich fast verlaufen hätte - der Weg zur Küche war Kilometer weit ;-) Dafür kleine Räume, wo teils nicht mehr als 6 Menschen drin geschlafen haben. Also überschaubar und als ich sah, mit wem ich im Zimmer lag, hatte ich auch die Hoffnung, es könnte eine schnarchfreie bis schnarcharme Nacht werden…

Nach einer Dusche, etwas auf dem Bett ausruhen sowie Quatschen mit den Zimmergenoss*innen, kam dann Mook rein - der Südkoreaner mit den Wunder-Pflastern. Mook hatte genauso wie wir auch den Wunsch sich das ‘Heiligtum der Santa Luzia’, eine katholische Kirche, welche oberhalb von Viana do Castelo liegt, anzuschauen. Nur ging leider der Fahrstuhl nach oben nicht und wir alle hatten keine Lust noch mehr als 300 Treppenstufen nach oben zu laufen. Also durfte ein Taxi her - nur wie rufen, wenn man keine Telefonnummer hat und einfach zuwinken nicht funktioniert.
Da ich Uber als App auf dem Handy hatte, holte ich also einen Uberfahrer heran. Nur Kasus Knaxus - wir waren zu Fünft und im Auto nur vier Plätze. Mein Portugiesisch war bis dato auch noch nicht wirklich ausgereift, um den Fahrer gut zu verstehen, aber so viel verstand ich, dass er mich bat, die Bestellung zu wiederrufen.
Hab ich dann gemacht und innerlich schon gedacht, jetzt haut er gleich ab, weil er uns nicht mitnehmen kann. Nein, da steigt er aus und präpariert noch hinter der letzten Rücksitzbank einen weiteren Sitzplatz und ich durfte dann eine andere Option buchen. Auf den Einzelplatz hat sich dann auch glatt Mook gesetzt.
Los ging die Fahrt! Im Hintergrund lief romantische Schnulzen-Musik während wir Stück für Stück unserem Ziel näher kamen.

Oben angekommen, bat Mook, mit seinem richtig guten Spanisch, den Uber-Fahrer darum, in 30 Minuten uns wieder abholen zu kommen. In Portugal sich in Spanisch zu verständigen, funktioniert teils sehr gut. Nur falls das gerade zu Verwirrung geführt hat.

Der Ausblick von dort oben war es alle mal wert…

Camino Familia / Camino Band Cover

…und hier kommt Mook

Nach dem unser Fotoshooting durch war - Mook positionierte uns, positionierte sich und wir hatten alle einen großen Spaß dabei. Wir trafen noch auf 2 weitere Deutsche, die mit dem Van unterwegs waren und sich mit einem Bier den Sonnenuntergang anschauen wollten. Gute Idee - für das nächste Mal. Wir hatten allerdings alle Hunger und es war echt frisch dort oben.
Der Uber-Fahrer hielt sein Wort und holte uns von der Kirche wieder ab - zurück an der Albergue ging es gleich um die Ecke zum Abendessen. Diesmal mit einem Pilger-Menü. Bis dahin hatte ich bisher keines solcher Menüs gegessen.
In dem dortigen Restaurant bestand es aus einer Suppe als Vorspeise, 3 verschiedenen Hauptgerichten und einem halben Liter Wasser. Bier war diesmal extra zu zahlen.
Mook wollte gerne von allen 3 Gerichten probieren und fragte in die Runde, ob wir gemeinschaftlich teilen wollen.
Klaus-Peter und Suzanna waren kurzzeitig irritiert, da sie es bisher nicht kannten, ihr Essen zu teilen. In vielen asiatischen Ländern wird Essen geteilt, entweder aus einer ganzen Schüssel/Pfanne oder auch jeweils kleinen Schalen, wo sich jede Person etwas auf den eigenen Teller oder die Schüssel macht.
Es war leicht chaotisch als dann 5 Gerichte kamen und wir diese teils nur für Mook, jeweils teilten. Am Ende sollten alle satt werden ;-)

An diesem Abend genoss ich auch ein Mini-Gläschen eines weißen Port-Weins - das war ja wie ein Schnäpschen - 19,5 % Alkoholanteil hatte dieser intus. Puhh!!! Konnte ich echt nur langsam trinken.
Verstand auch im Nachhinein, warum dieser in einem Mini-Weinglas serviert wurde - halt nur teils ein WEIN und doch kein Schnaps :-D Lustiger Abschluss eines schönen Pilger-Tages!

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